Bis eben war ich noch ganz stolz, mich gegenüber meinen Hausnachbarn dadurch als Wohltäter ausgeben zu können, dass ich meinen DSL-Router ans Fenster stelle und bekannte und unbekannte Nachbarn an meinem extra dafür nicht mehr verschlüsseltem WLAN saugen lasse.
Das hat mir diese Woche als Dankeschön schon zwei Freikarten für Human Voices im Tipi beschert!
Schluss damit!
Gerade eben hat mich die Nachricht Unverschlüsseltes WLAN hat Folgen bei http://www.heise.de aufgeschreckt. In einem Satz zusammengefasst: Kann ich nicht nachweisen, dass nicht ich es war, der urheberrechtsverstoßende Artefakte in einer Tauschbörse angeboten hatte, werde ich so behandelt, als hätte ich es getan.
Und was jetzt?
Ich könnte einen Logserver einrichten, der alle Datenübertragungen aus und in das WLAN protokolliert. Ggf. ließe sich die Auswertung der Daten automatisieren und durch geschickt formulierte Aushänge Straftaten im Keime ersticken (oder auch durch individuelle Benachrichtigungen das Taschengeld aufbessern). Zusätzlich könnte ich auch meine Webcam neben dem Router ins Fenster stellen und damit u.U. meine Nachbarn schlüssig der Begehung ihrer Straftaten überführen (red-handed).
Stasi mit besseren Mitteln erscheint im Augenblick sich wie eine Seuche zu verbreiten. Laß uns doch mal einen Blick ins noch nicht infizierte, freiheitliche Ausland werfen. Wie gehen unsere Nachbarn mit diesem Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Ordnung und individueller Freiheit um? Eine Suche bei heise nach Schweden bestätigt sofort meinen Anfangsverdacht, dass es bei den großen Blonden ziemlich viele linke Bazillen geben muss. Da werden doch tatsächlich technische Einrichtungen feilgeboten, die den Internetzugang anonymisieren, wie z.B. bei heise in Schwedische Piratenpartei startet Anonymisierungsdienst berichtet. Auch die stehen nicht im rechtsfreien Raum, aber eben doch im schwedischen Raum, wo das Recht z.Zt. nicht so weit nach rechts gerutscht ist, wie bei uns.
Also habe ich mich erstmal testweise bei http://www.relakks.com für einen Monat angemeldet und freue mich darauf, ein oder mehrere Tage mit mit einem Linksys WRT54GL spielen zu können, um ihn nach Möglichkeit dazu zu überreden schwedisch zu sprechen, d.h. die WLAN-Clients über Schweden zu routen. Ich werde hier über meine diesbezüglichen Erfahrungen berichten.
In diesem Zusammenhang auch ein aktueller Termin in Berlin: Die Gründungsversammlung der Piraten Partei am kommenden Sonntag, dem 10.09.2006.
Schweden – ein WLAN ohne Zugangskontrolle
Mal sehen, ob Relakks funktioniert: Zuerst in der Netzwerkumgebung eine VPN-Verbindung hergestellt und verbunden. Ok. Dann in Routing und RAS eine Schnittstelle für Wählen bei Bedarf eingerichtet und testweise 72.14.221.0/24 (Google) geroutet.
Dabei sofort zwei erfreuliche Überraschungen: 1. http://video.google.com enttarnt mich nicht mehr als Nazi – ähh Deutscher – und ich werde nicht mehr zwangsweise und ohne mich zu fragen zu http://video.google.de umgeleitet. Auch das Programmangebot ist ein völlig anderes (I do like backyard wrestling:-)). Und auch der Ping zum erstem Hop in Schweden ist hip: Nur 36ms – das ist besser als die meisten DSL-Anschlüsse. Und wer bin ich für Google jetzt? Irgendjemand im Block 82.209.178.0/23 – hm das sind ja nur 500 IPs – muss wohl noch nicht so viele Piraten-Kunden geben?! Naja, vielleicht gibt’s ja noch mehr Blöcke…
Ein paar weitere Trockentests (Standard-Gateway jetzt über Schweden): www.tagesschau.de per Real Player und MediaPlayer gucken (dürfen die Schweden das?) – ok! Dann zu www.heute.de Dort sendet in der Mediathek der Mediaplayer mit 1,5MBit und UDP: Alles ganz grün und hurtig! Auch alles andere funktioniert genauso geräuschlos wie im echten “Leben” 🙂
Morgen geht’s weiter. Dann werde ich versuchen meinem WLAN-Router Linksys WRT54GL beizubringen, sich per VPN in Schweden zu konnekten. Dazu muss als erstes seine Linksys-Firmware durch ein noch zu googlendes Fremdsystem ersetzt werden. Stay tuned!
DD-WRT und PPTP-Client
Alles Käse 😦 Der PPTP-Client in der DD-WRT Firmware für den WLAN-Router erscheint – sagen wir einmal – suboptimal. Ich habe ihn ums Zerplatzen nicht mit Relakks zum Laufen gebracht. Die PPTP-Verbindung wird zwar aufgebaut, aber Daten gibt’s nicht. So wird z.B. nach Verbindungsaufbau die öffentliche IP des PPTP-Servers über den Tunnel selbst geroutet (System Münchhausen?). Richtig wäre, sie über die zugrunde liegende Ethernet-Verbindung zu routen (damit z.B. beim Setzen der Default Route auf den Tunnel der PPT-Server immer noch erreichbar ist). Schade.
Noch gebe ich nicht auf! Werde also demnächst versuchen, einen Mini-PC HP T57xx als Gateway aufzusetzen – sollte mit XP eigentlich nicht so schwierig sein.
HP T5700 und PPTP-Client
Radio Eriwan: Eigentlich war alles sehr einfach – bis auf den von HP im T57xx integrierten Sygate Firewall. Erst als ich ihn nach stundenlangem Spielen disabled hatte, war ich dem Ziel ein wenig näher: Jeder darf alles, aber nicht den Router selbst kaputt machen. Obwohl die Bedienungsoberfläche des Windows XP Firewalls im Windows XP Embedded des HP T57xx nicht enthalten ist, wurde der Firewall selbst dennoch durch die Freigabe der VPN-Verbindung wie von Geisterhand aktiviert. Was (noch?) nicht funktioniert, sind eingehenden UDP-Daten, z.B. eingehende Internettelefongespräche, und evtl. auch File Sharing Programme (eMule und andere Copyright-verletzenden Konsorten). Aber die sind hier z.Zt. eher nice-to-have.
Im Ergebnis ist das WLAN jetzt in Schweden 🙂
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